Was sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen? Definition, Folgen & Co

Von Meike Z.

Letzte Aktualisierung am: 8. April 2024

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Welche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gibt es?
Welche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gibt es?

Im Jahr 2017 waren laut Angaben des Schuldneratlasses rund 6,9 Millionen Menschen in Deutschland von Überschuldung betroffen. Das bedeutet, dass ihre Ausgaben die Einnahmen überstiegen. Diese Zahl ist in den letzten vier Jahren konstant gestiegen: Trotz guter wirtschaftlicher Lage in Deutschland und sinkender Arbeitslosenzahlen haben also viele Deutsche finanzielle Probleme.

Das bekommen die Gläubiger zu spüren. Haben die Schuldner nämlich nicht genug Geld zur Verfügung, können sie ihre Rechnungen nicht bezahlen. Um doch noch an ihr Geld zu kommen, haben Gläubiger die Möglichkeit, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten.

Zwangsvollstreckungsmaßnahmen kurz zusammengefasst

Was können Gläubiger tun, wenn der Schuldner nicht zahlt?

Zahlt ein Schuldner nicht, kann ein Gläubiger mithilfe der Zwangsvollstreckung seine Forderung durchsetzen. Dabei erhält er Unterstützung durch ein Vollstreckungsgericht oder einen Gerichtsvollzieher.

Unter welchen Bedingungen darf der Gläubiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen vera

Möchte ein Gläubiger Maßnahmen zur Zwangsvollstreckung einleiten, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt werden: Titel, Klausel und Zustellung. Näheres lesen Sie hier.

Welche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gibt es?

Zu den bekanntesten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zählen die Pfändung des Kontos oder des Gehalts sowie die Zwangsvollstreckung von Immobilien.

Was bezwecken Zwangsvollstreckungsmaßnahmen?

Ein Gläubiger kann Maßnahmen zur Zwangsvollstreckung einleiten lassen, wenn Schuldner nicht zahlen.
Ein Gläubiger kann Maßnahmen zur Zwangsvollstreckung einleiten lassen, wenn Schuldner nicht zahlen.

Kommt ein Schuldner seinen Zahlungsver­pflichtungen nicht nach, wird ein Gläubiger ihm zunächst Zahlungserinnerungen und danach Mahnungen zukommen lassen. Zahlt der Schuldner dann immer noch nicht, kann der Gläubiger staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen und ein gerichtliches Mahnverfahren anstoßen.

Weigert sich der Schuldner trotz Vollstreckungsbescheid oder Urteil weiterhin zu zahlen, kann der Gläubiger schließlich Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten lassen. Mithilfe derer kann er Ansprüche gegenüber einem Schuldner zwangsweise durchsetzen lassen.

Die jeweilige Maßnahme der Zwangsvollstreckung wird dann entweder durch das zuständige Vollstreckungsgericht oder einen Gerichtsvollzieher durchgeführt.

Voraussetzungen für die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen

Damit ein Gläubiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten lassen kann, müssen zunächst die folgenden drei allgemeinen Voraussetzungen erfüllt werden, die jedoch in der Regel gegeben sind: Zunächst muss deutsche Gerichtsbarkeit gemäß §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) vorliegen. Die deutschen Gesetze müssen also für die Betroffenen gültig sein.

Des Weiteren muss die Zulässigkeit des Rechtsweges bestehen. Dies ist der Fall, wenn subjektive Rechte beeinträchtigt worden sind. Als dritte allgemeine Voraussetzung ist das Rechtsschutzinteresse zu beachten. Hierbei muss die Frage geklärt werden, ob der Schuldner tatsächlich nicht dazu bereit war, freiwillig seine Schulden zu begleichen.

Wie bereits erwähnt, sind die allgemeinen Voraussetzungen für das Ergreifen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in der Regel automatisch gegeben. Kommen wir nun zu den tatsächlich bedeutenden, formellen Voraussetzungen: Titel, Klausel und Zustellung.

Ohne Titel keine Zwangsvollstreckung

Es muss ein Titel vorliegen, damit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ergriffen werden können.
Es muss ein Titel vorliegen, damit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ergriffen werden können.

Eine wichtige Grundlage für das Ergreifen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ist das Vorliegen eines Titels. Dazu zählen beispielsweise gemäß § 704 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie § 794 ZPO:

  • Vollstreckungsbescheid aus einem gerichtlichen Mahnverfahren
  • vollstreckbare Endurteile
  • Kostenfestsetzungsbeschluss
  • für vollstreckbar erklärte Europäische Zahlungsbefehle
  • gerichtliche Vergleiche

Wichtige Voraussetzung: Klausel

Eine weitere formelle Voraussetzung für das Ergreifen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ist die sogenannte Klausel. Laut § 724 ZPO gilt Folgendes:

Die Zwangsvollstreckung wird auf Grund einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils (vollstreckbare Ausfertigung) durchgeführt.

Es wird zwischen zwei Formen der Klausel unterschieden: der einfachen sowie der qualifizierten. Erstere wird vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Prozessgerichtes erteilt. Sie belegt, dass der Titel tatsächlich vollstreckt werden kann. Die einfache Klausel wird erteilt, wenn drei Voraussetzungen erfüllt werden:

  • Der Gläubiger hat einen formlosen Antrag gestellt.
  • Es liegt ein wirksamer Titel vor, der über einen vollstreckungsfähigen Inhalt verfügt.
  • Es besteht Vollstreckungsreife. Es liegt also entweder Rechtskraft oder eine vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils vor.
Manche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen benötigen eine titelübertragende Klausel.
Manche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen benötigen eine titelübertragende Klausel.

In bestimmten Fällen wird jedoch für das Ergreifen von Zwangsvollstreckungsmaßnehmen eine qualifizierte Klausel nötig. Dabei wird wiederum zwischen zwei Formen unterschieden: der titelergänzenden und der titelübertragenden Klausel.

Eine titelergänzende Klausel wird benötigt, wenn die Leistungspflicht gemäß des Inhalt des Titels zwar klar zu formulieren ist, eine Vollstreckung jedoch nur dann möglich ist, wenn der Gläubiger eine von ihm abhängige Tatsache beweist. Als Beweis muss der Gläubiger öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunden vorlegen.

Eine titelübertragende Klausel ist hingegen vonnöten, wenn die Zwangsvollstreckungs­maßnahmen für bzw. gegen Personen erfolgt, die nicht im Titel benannt werden. Eigentlich müsste nämlich ein neuer Prozess geführt werden, wenn die Titel die Namen der Vollstreckungsparteien nicht enthält. Die titelübertragende Klausel vermeidet einen neuen Prozess, da – gegen entsprechende Nachweise – die Parteien ausgetauscht werden können.

Zuständig für die Erteilung einer qualifizierten Klausel ist nicht der Urkundsbeamte, sondern der Rechtspfleger des Prozessgerichts.

Zustellung des Titels

Zu den Voraussetzungen, welche für die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfüllt werden müssen, zählt außerdem die Zustellung. Diese wird in § 166 Abs. 1 ZPO wie folgt definiert:

Zustellung ist die Bekanntgabe eines Dokuments an eine Person in der in diesem Titel bestimmten Form.

Zwangsvollstreckungsmaßnahmen: Die Zustellung des Titels muss zwingend erfolgen.
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen: Die Zustellung des Titels muss zwingend erfolgen.

Es besteht die Pflicht, dass dem Schuldner der Titel zugestellt werden muss, so dass dieser auch tatsächlich über bevorstehende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen informiert wird. Damit erhält der Betroffene außerdem die Möglichkeit, den Titel auf seine Korrektheit zu überprüfen.

Handelt es sich um ein Urteil, so wird dieses zugestellt, ohne dass der Gläubiger dies anordnen muss. Bei anderen Titeln hingegen muss der Gläubiger selbst tätig werden, auch der Gerichtsvollzieher kann mit dieser Aufgabe betraut werden.

In der Regel muss die Zustellung als Voraussetzung für die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen persönlich erfolgen. Verweigert der Schuldner die Annahme, kann das Dokument beispielsweise in dessen Wohnung zurückgelassen werden. Alternativ kann es in den Briefkasten eingelegt werden -auch dann gilt es als zugestellt.

Ist dies auch nicht möglich, kann das Schriftstück auf der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichtes abgelegt werden. Darüber wird der Schuldner dann per Post informiert. Die Zustellung gilt in diesem Fall auch dann erfolgt, wenn der Betroffene das Dokument nicht abholt.

Ist nicht bekannt, wo sich der Schuldner aufhält, wird ein Aushang der Benachrichtigung an der sogenannten Gerichtstafel vorgenommen.

Welche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen können vom Gläubiger ergriffen werden?

Nachdem wir uns mit den Voraussetzungen für das Einleiten von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch Gläubiger beschäftigt haben, können wir nun zu den Maßnahmen an sich kommen. Es gibt viele unterschiedliche Formen der Zwangsvollstreckung, die sich in drei große Gruppen einteilen lassen, auf welche wir im folgenden Verlauf näher eingehen:

  1. Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen
  2. Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte
  3. Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen

Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen

Zu den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zählt die Pfändung von bestimmten Gegenständen.
Zu den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zählt die Pfändung von bestimmten Gegenständen.

Zwangsvollstreckungsmaßnahmen dieser Art werden unter dem Begriff „Pfändung“ zusammengefasst. Vorgenommen werden sie vom Gerichtsvollzieher. Im Zuge der Sachpfändung betritt der Gerichtsvollzieher die Wohnung des Schuldners und sucht dort nach verwertbaren Gegenständen. Teure Objekte, wie beispielsweise edle Teppiche oder kostbarer Schmuck, werden sofort mitgenommen.

Größere Objekte, die nicht einfach bewegt werden könne, erhalten zunächst eine Markierung mit dem Pfandsiegel – auch „Kuckuck“ genannt. Diese Gegenstände werden im Anschluss verwertet. Der Erlös geht dann an die Gläubiger.

Gut zu wissen: Kleidung sowie Gegenstände, die zur angemessenen Lebensführung und zur Ausübung des Berufs benötigt werden, unterliegen nicht der Pfändung. Auch die Taschenpfändung durch den Gerichtsvollzieher ist möglich. Hierbei werden der Schuldner und seine Kleidung nach wertvollen Gegenständen sowie Bargeld durchsucht.

Eine selbstständige Form der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die sich häufig an die Pfändung anschließt, ist die Vermögensauskunft – früher als eidesstattliche Erklärung bezeichnet. Im Zuge derer muss der Schuldner Auskunft darüber erteilen, über welches Vermögen er verfügt. Die Vermögensauskunft wird vom Gläubiger in Auftrag gegebenen und vom Gerichtsvollzieher durchgeführt. So erfährt der Gläubiger, ob und, wenn ja, wie viel beim Schuldner zu holen ist.

Zwangsvollstreckung in Forderungen und sonstige Vermögensrechte

Auch die Kontopfändung gehört zu den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.
Auch die Kontopfändung gehört zu den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.

Bei diesen Zwangsvollstreckungs­maßnahmen findet die Pfändung bei einem Drittschuldner statt. Dabei handelt es sich um Personen, Versicherungen oder Unternehmen, die wiederum dem Schuldner gegenüber etwas schulden. Zu diesen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gehören unter anderem die folgenden:

  • Kontopfändung: Insofern es sich nicht um ein Pfändungsschutz-Konto handelt, wird das Konto des Schuldners gesperrt und der Gläubiger kann auf das Guthaben zugreifen.
  • Lohn- bzw. Gehaltspfändung: Hier fungiert der Arbeitgeber als Drittschuldner. Er wird dazu verpflichtet, den pfändbaren Teil des Einkommens an die Gläubiger abzuführen. Der Schuldner erhält also nicht sein volles Gehalt bzw. den vollen Lohn.
  • Pfändung von Sozialleistungen: Entgegen der landläufigen Meinung können auch bestimmte Sozialleistungen, wie beispielsweise das Krankengeld oder das Arbeitslosengeld, gepfändet werden. Es gelten die gleichen Regelungen wie für Arbeitseinkommen.
  • Pfändung von Lebensversicherungsansprüchen: Ansprüche aus einer Lebensversicherung können gepfändet werden.

Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen

Zu den drastischsten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zählt die Zwangsversteigerung.
Zu den drastischsten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zählt die Zwangsversteigerung.

Zu den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gehört außerdem die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen. Hierzu gehören unter anderem Immobilien.

Am berüchtigtsten ist in diesem Zusammenhang wohl die Zwangsversteigerung von Häusern oder Eigentumswohnungen.

Besitzt der Schuldner eine Immobilie oder ein Grundstück, so wird ihm das Eigentum entzogen. In der Regel muss er das Haus oder die Wohnung verlassen und die Immobilie wird zwangsversteigert. Der Erlös geht an die Gläubiger.

Weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sind die Zwangshypothek und die Zwangsverwaltung. Bei Ersterem erhält der Gläubiger eine dingliche Sicherheit an einem Grundstück – es handelt sich lediglich um ein Sicherungsmittel. Bei der Zwangsverwaltung hingegen wird der Gläubiger aus den Erträgen eines Grundstücks befriedigt.

Gläubiger sollten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht unüberlegt ergreifen

Gläubiger sollten nicht einfach unüberlegt Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten. Sie sollten sich darüber im Klaren sein, dass einige Maßnahmen der Zwangsvollstreckung je nach Einzelfall nicht zwingend zum Erfolg führen. Deshalb sollten sich Gläubiger im Vorhinein darüber informieren, ob beim Schuldner überhaupt etwas zu holen ist.

Folgendes ist nicht zu vergessen: Für alle Zwangsvollstreckungsmaßnahmen fallen Kosten an, die vom Gläubiger vorab gezahlt werden müssen. Verfügt der Schuldner über ausreichend Vermögen oder Einkommen, kann der Gläubiger diese Kosten zurückerhalten. Ist der Schuldner jedoch nicht leistungsfähig, bleibt der Gläubiger auf den Kosten sitzen.

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Meike unterstützt das privatinsolvenz.net-Team seit 2016. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Themen, die das Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsrecht betreffen, leicht verständlich aufzubereiten.

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