Begleicht ein Schuldner offene Rechnungen trotz Zahlungserinnerungen und Mahnungen nicht, steht auf der anderen Seite normalerweise ein Gläubiger, der befürchtet, mit leeren Händen dazustehen. Dieser kann in solch einem Fall die Durchführung einer Zwangsvollstreckung beantragen. Dafür muss erst einmal ein gerichtliches Mahnverfahren durchlaufen werden.
Der Schuldner erhält im Anschluss einen Mahnbescheid. Reagiert er auch auf diesen nicht, kann der Gläubiger beim Amtsgericht einen Vollstreckungstitel erwirken. Dieser befähigt ihn dazu, die offenen Forderungen mittels Zwangsvollstreckung einzutreiben. Entscheidet das Vollstreckungsgericht zugunsten des Gläubigers, wird ein Vollstreckungsbescheid erstellt und dem Schuldner zugestellt.
Gegen diesen kann der Schuldner Einspruch einlegen. Versäumt er dies, bleibt dem Betroffenen nur noch die Klage. An diesem Punkt kommt die Vollstreckungsabwehrklage ins Spiel. Doch was ist das genau und wie wird dabei vorgegangen? Diese Fragen werden im Folgenden geklärt.
Vollstreckungsabwehrklage kurz zusammengefasst
Wurde eine Zwangsvollstreckung angeordnet, kann der Schuldner eine Vollstreckungsabwehrklage einlegen, um damit den Vollstreckungstitel unwirksam zu machen und auf diese Weise Zwangsvollstreckungsmaßnahmen abzuwenden.
Die Einwendungen im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage können nur geltend gemacht werden, wenn der Grund für diese erst nach Ende der Verhandlung entstanden ist und somit während der Verhandlung keine Einwendungen mehr mittels eines Einspruchs gemacht werden können.
Die Kosten für die Vollstreckungsabwehrklage werden dem Schuldner nach erfolgreicher Klage erstattet.
Inhalt
Was ist eine Vollstreckungsabwehrklage?
Die Vollstreckungsabwehrklage wird auch Vollstreckungsgegenklage genannt und kann von einem Schuldner eingelegt werden, um gegen eine Zwangsvollstreckung vorzugehen. Dies wird in § 767 der Zivilprozessordnung (ZPO) festgelegt:
Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
Ein Schuldner kann also mittels einer Vollstreckungsabwehrklage dafür sorgen, dass der Vollstreckungstitel unwirksam wird und somit nicht mehr vollstreckt werden kann. Die Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung ist in diesem Fall nicht mehr gegeben.
Zuständig ist gemäß § 764 ZPO das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden wird bzw. stattgefunden hat. In der Regel ist die Vollstreckungsabwehrklage also bei dem Vollstreckungsgericht einzureichen, welches den Anspruch tituliert hat.
Was ist ein Vollstreckungstitel? Bei einem Vollstreckungstitel handelt es sich um eine gerichtliche Entscheidung wie z.B. ein Urteil, eine Urkunde, ein Vergleich, ein Beschluss (Kostenfestsetzungsbeschluss) oder ein Vollstreckungsbescheid. Wichtig ist, dass der Vollstreckungstitel eine Vollstreckungsklausel enthält, da die Zwangsvollstreckung sonst nicht durchgeführt werden kann. Der Vollstreckungstitel muss dem Schuldner im Vorfeld zugestellt werden. Erst dann darf die Zwangsvollstreckung beginnen.
Wann kann eine Vollstreckungsabwehrklage eingereicht werden?
Wann Einwendungen in Form einer Vollstreckungsabwehrklage zulässig sind, regelt § 767 Abs. 2 ZPO:
Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
Nach dem Ende der Verhandlung kann der Schuldner also nur noch Einwendungen geltend machen, wenn die Gründe dafür erst nach dieser entstanden sind. Da die Einwendungen eigentlich spätestens in der Verhandlung mittels eines Einspruchs gemacht werden sollten und nach der Verhandlung nicht mehr gemacht werden können, kann nun nur noch eine Vollstreckungsabwehrklage eingereicht werden, um die Zwangsvollstreckung zu verhindern.
Beispiel: Ein Schuldner schuldet einem Gläubiger 5.000 Euro und wurde im Mai 2018 dazu verurteilt, diesen Betrag zu zahlen. Im Juli 2018 lässt der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung einleiten, obwohl der Schuldner die Forderungen bereits im Juni 2018 vollständig befriedigt hatte. In diesem Fall sind die Einwendungen des Schuldners zulässig, da der Grund für die Einwendungen nach der Verhandlung entstanden ist. Der Schuldner kann nun erfolgreich mithilfe einer Vollstreckungsabwehrklage gegen die Vollstreckungsmaßnahmen des Gläubigers vorgehen.
Gegenbeispiel: Der Schuldner hatte die offenen Forderungen bereits im März 2018 beglichen und es versäumt, dies während der Verhandlung mitzuteilen. In diesem Fall lagen die Gründe für die Einwendungen zum Zeitpunkt der Verhandlung bereits vor. Der Schuldner hätte also bereits zu diesem Zeitpunkt Einspruch gegen die Vollstreckung einlegen müssen. Die Einwendungen sind daher als Gründe für die Vollstreckungsabwehrklage nicht mehr zulässig. Der Schuldner kann sich in diesem Fall nicht mehr mittels Vollstreckungsgegenklage gegen die Zwangsvollstreckung wehren.
Bei einer Zwangsvollstreckungsgegenklage handelt es sich im Übrigen nicht immer um eine Vollstreckungsabwehrklage. Diese ist nur einer der Rechtsbehelfe im Vollstreckungsverfahren. Mögliche Rechtsmittel sind außerdem:
- Sofortige Beschwerde
- Vollstreckungserinnerung
- Klage gegen Vollstreckungsklausel
- Drittwiderspruchsklage
- Berufung
Umfang der Vollstreckungsabwehrklage
Welche Einwendungen der Schuldner im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage geltend machen muss, regelt § 767 Abs. 3 ZPO:
Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
Es ist nicht zu empfehlen, für die Vollstreckungsabwehrklage ein Muster zu verwenden. Schuldner sollten sich rechtzeitig um rechtlichen Beistand bemühen. Ein Anwalt kann Sie bei der Vollstreckungsabwehrklage bezüglich Aufbau und Formulierung am besten beraten.
Wer zahlt die Kosten bei einer Vollstreckungsabwehrklage?
Die Kosten einer Zwangsvollstreckung hat gemäß § 788 Abs. 1 ZPO der Schuldner zu tragen. Sie werden im Rahmen der Zwangsvollstreckung zusammen mit den Forderungen eingetrieben. Was passiert aber, wenn das Urteil zur Zwangsvollstreckung aufgehoben wird? Wer zahlt bei einer Vollstreckungsabwehrklage die Kosten? Das regelt § 788 Abs. 3 ZPO:
Die Kosten der Zwangsvollstreckung sind dem Schuldner zu erstatten, wenn das Urteil, aus dem die Zwangsvollstreckung erfolgt ist, aufgehoben wird.
Ist die Vollstreckungsabwehrklage erfolgreich, erhält der Schuldner demnach das Geld zurück, welches ihm abgezogen wurde, um die Kosten der Zwangsvollstreckung zu zahlen.
Stattgeben der Zwangsvollstreckungsabwehrklage
Der Klage wird vom zuständigen Gericht stattgegeben, wenn die Einwendungen begründet waren und die Vollstreckungsabwehrklage innerhalb der Frist eingelegt wurde. Eine erfolgreiche Vollstreckungsgegenklage führt dazu, dass der zuvor erwirkte Titel nicht mehr vollstreckbar ist. Die Zwangsvollstreckung kann nicht mehr durchgeführt werden.
Wie lange dauert die Frist bei einer Vollstreckungsgegenklage?
Welche Klagefrist gilt, regelt § 586 ZPO. Demnach müssen Klagen innerhalb eines Monats erhoben werden. Die Frist beginnt an dem Tag, an welchem die Partei über den Anfechtungsgrund in Kenntnis gesetzt wurde. Sie beginnt nicht, bevor das Urteil rechtskräftig wird. Fünf Jahre nach Eintreten der Rechtskraft ist eine Klage nicht mehr zulässig.
Im Übrigen hat die Vollstreckungsgegenklage keine aufschiebende Wirkung. Dies kann nur durch eine einstweilige Anordnung erreicht werden.
Bildnachweise:
– fotolia.com/© eccolo
– fotolia.com/© Alexander Raths
– istockphoto.com/Vladstudioraw
– fotolia.com/© rcfotostock