Jedermann-Konto – Mehr Rechte für Verbraucher seit 2016

Von Meike Z.

Letzte Aktualisierung am: 11. Oktober 2023

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Das Girokonto für Jedermann ist laut Gesetz seit 2016 einzurichten.
Das Girokonto für Jedermann ist laut Gesetz seit 2016 einzurichten.

Ein Leben ohne Girokonto können sich wohl die wenigsten vorstellen. Das Gehalt landet jeden Monat auf dem Konto, am Automaten kann Bargeld abgehoben und in der Filiale oder online lassen sich Überweisungen durchführen. In der Vergangenheit blieb es jedoch vielen Personen aus unterschiedlichen Gründen verwehrt, ein Girokonto bei einer Bank zu eröffnen.

Damit alle Menschen unabhängig von ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Lage am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen können, gibt es deshalb seit 2016 das sogenannte Jedermann-Konto auf Guthabenbasis, welches auch Basiskonto genannt wird.

Jedermann-Konto kurz zusammengefasst

Hat jeder einen Anspruch auf ein Konto?

Ja, seit 2016 müssen Geldinstitute ein Bankkonto für jeden Kunden eröffnen, der einen entsprechenden Antrag stellt, sich rechtmäßig in der EU aufhält und mindestens 18 Jahre alt ist. Näheres erfahren Sie hier.

Welche Funktionen besitzt ein Jedermann-Konto?

Mit dem Guthabenkonto für Jedermann kann unter anderem Bargeld am Automaten abgehoben werden. Auch Überweisungen und Kartenzahlungen sind möglich, nicht jedoch ein Dispo oder das Überziehen des Kontos.

Ist das Konto für Jedermann kostenlos?

Nicht unbedingt. Banken dürfen für das Jedermann-Konto Kontoführungsgebühren erheben. Diese müssen jedoch angemessen sein.

Was ist das Bankkonto für Jedermann?

Jedermann-Konto: Ob Sparkasse, Volksbank oder andere Bank - eine Abweisung ist nur in wenigen Fällen möglich.
Jedermann-Konto: Ob Sparkasse, Volksbank oder andere Bank – eine Abweisung ist nur in wenigen Fällen möglich.

Zwar gab es seit vielen Jahren bereits eine unverbindliche Empfehlung für Privatbanken, allen Verbrauchern ein Konto zur Verfügung zu stellen, trotzdem hatten viele Personengruppen weiterhin Probleme dabei, ein Girokonto zu bekommen.

Seit 2016 sind nun alle Banken dazu verpflichtet, jedem Verbraucher ein Girokonto zur Verfügung zu stellen – das sogenannte Jedermann-Konto. Folgende Voraussetzungen müssen dabei jedoch vom Kunden erfüllt werden:

  • Die Person hält sich legal in der EU auf.
  • Sie ist mindestens 18 Jahre alt – ist also geschäftsfähig.

Davon profitieren vor allem Obdachlose, denn nun wird kein fester Wohnsitz mehr benötigt, um ein Girokonto zu eröffnen. Laut Gesetz darf ein Girokonto für Jedermann auch nicht Personen mit einer Duldung verwehrt werden. Des Weiteren wird ein Konto für Jedermann ohne SCHUFA-Nachweis eröffnet. Kunden mit finanziellen Schwierigkeiten haben nun also auch die Chance auf ein eigenes Girokonto.

Welche Funktionen bietet das Basiskonto für Jedermann?

Beim Jedermann-Konto handelt es sich um ein Konto auf Guthabenbasis. Das bedeutet, dass nur das Geld genutzt werden kann, welches sich auch tatsächlich als Guthaben auf dem Girokonto befindet. Eine Überziehung – etwa im Rahmen eines Dispokredites – ist also nicht möglich. Auch besteht kein Anspruch auf eine Kreditkarte.

Dafür stehen dem Kontoinhaber aber alle sonstigen Funktionen im bargeldlosen Zahlungsverkehr zur Verfügung. Er kann also am Automaten Geld abheben, Geld einzahlen, Überweisungen tätigen und Daueraufträge einrichten.

Wie können Sie ein Konto für Jedermann eröffnen?

Sie können ein Konto für Jedermann auch online eröffnen.
Sie können ein Konto für Jedermann auch online eröffnen.

Möchten Sie ein Jedermann-Konto eröffnen, können Sie sich direkt an eine Filiale der gewünschten Bank wenden. Dort ist ein spezielles zweiseitiges Formular auszufüllen, welches aber auch im Internet heruntergeladen werden kann. Zusätzlich müssen Sie sich ausweisen. Dazu ist etwa ein Personalausweis, Reisepass, eine Aufenthaltsgestattung, ein gesiegeltes Duldungspapier oder ein Ankunftsnachweis nötig.

Es muss zwar eine Postanschrift angegeben werden, Obdachlose haben jedoch die Möglichkeit, die Adresse einer anderen Person oder Beratungsstelle anzugeben. Sie müssen dort nicht offiziell gemeldet sein, allerdings ist es erforderlich, dass Obdachlose über die genannte Adresse erreichbar sind.

Sie können ein Jedermann-Konto auch online eröffnen. Direktbanken im Internet sind oftmals sogar um einiges günstiger als die Filialbanken vor Ort.

Wann kann das „Konto für Jeden“ abgelehnt werden?

Zwar besagt das Gesetz, dass ein Konto für Jedermann von einer Bank zur Verfügung gestellt werden muss. Es gibt jedoch einige wenige Ausnahmen, bei deren Vorliegen Banken das Recht dazu haben, die Eröffnung des Kontos abzulehnen. Dazu gehören die folgenden Gründe:

  • Der Kunde hat bereits bei einer anderen Bank in Deutschland ein Girokonto.
  • Der Betreffende hatte in der Vergangenheit ein Jedermann-Konto bei der gleichen Bank, dieses wurde jedoch vom Geldinstitut gekündigt.
  • Der Antragsteller wurde während der vergangenen drei Jahre wegen einer Straftat gegen die Bank, einen Mitarbeiter oder Kunden verurteilt.
  • Die Eröffnung des Kontos würde einen Verstoß gegen die allgemeinen Sorgfaltspflichten der Bank gemäß dem Geldwäsche- und Kreditwesengesetz bedeuten.

Wann kann das Basiskonto von der Bank gekündigt werden?

Ihre Bank lehnt das Jedermann-Konto ab? Dann können Sie Klage erheben.
Ihre Bank lehnt das Jedermann-Konto ab? Dann können Sie Klage erheben.

Banken können nicht nur in gewissen Situationen ablehnen, ein Jedermann-Konto zu eröffnen, sie haben außerdem die Möglichkeit, ein bestehendes Basiskonto zu kündigen. Das ist unter anderem möglich, wenn

  • bei Personen ohne Aufenthaltsstatus die Duldung ausläuft,
  • die Bank herausfindet, dass bereits ein anderes nutzbares Konto besteht,
  • es zwei Jahre lang zu keinen Geldein- oder -ausgängen kam und die Bank daraus schließt, dass sie keine Kontoführungsgebühren einziehen kann,
  • der Kunde mehr als drei Monate lang keine Gebühren für das Girokonto zahlt und deshalb Schulden von mindestens 100 Euro bei der Bank hat oder
  • die Person eine Straftat begangen hat, die zum Nachteil der Bank oder eines Mitarbeiters gereicht.
Wird das Guthabenkonto für Jedermann in Ihrem Fall gekündigt, sollten Sie Folgendes beachten: Die Bank kann dies nur dann tun, wenn sie den Schritt schriftlich begründet. Außerdem muss sie eine mindestens zweimonatige Kündigungsfrist einhalten.

Was tun, wenn das Jedermann-Konto verweigert wird?

Wie bereits erwähnt, kann die Kontoeröffnung für das Jedermann-Girokonto nur in ganz bestimmten Fällen abgelehnt werden. Was können jedoch Betroffene tun, wenn Banken ein Basiskonto auf Guthabenbasis ungerechtfertigterweise verweigern?

In diesem Fall können sich Personen von unterschiedlichen Stellen Hilfe erwarten. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass sich Betroffene an die Schlichtungsstelle wenden, welche für die betreffende Bank zuständig ist. Zum anderen können Personen Klage vor einem Zivilgericht einreichen.

Eine zusätzliche Option besteht darin, ein Verwaltungsverfahren bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – kurz Bafin – zu beantragen. Für ein solches Verfahren fallen keine Kosten an. Innerhalb eines Monats wird der Fall dann geprüft. Kommt die Bafin zu dem Urteil, dass die Bank ungerechtfertigterweise das Jedermann-Konto verweigert hat, so kommt es zur Anordnung der Kontoeröffnung.

Muss das Jedermann-Konto zwingend kostenlos sein?

Für das Jedermann-Konto können Banken Gebühren erheben.
Für das Jedermann-Konto können Banken Gebühren erheben.

Das „Girokonto für Jeden“ soll es allen Personen, unabhängig von ihrer finanziellen oder persönlichen Situation, möglich machen, am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilzunehmen. Vor allem Obdachlose und Menschen mit negativer SCHUFA-Auskunft profitieren davon.

Dieser Umstand führt viele dazu, davon auszugehen, dass das Jedermann-Konto auch zwingend kostenlos angeboten werden muss – schließlich wären Kontoführungsgebühren eine zusätzliche Belastung für ohnehin schon finanziell gebeutelte Menschen.

Dem ist jedoch nicht so. Banken können für ein Konto für Jedermann laut Gesetz Gebühren erheben. Es sind sogar keine festen Obergrenzen festgelegt. Es gilt vielmehr folgende Regel: Die Preise für das Girokonto müssen angemessen sein sowie sich am Nutzerverhalten und den am Markt üblichen Gebühren orientieren.

Die Kosten für ein Jedermann-Konto müssen laut Gesetz von der Bank bereits vor dem Vertragsabschluss und auch während der Vertragslaufzeit transparent ausgewiesen werden. Über entsprechende Portale ist im Internet für das Jedermann-Konto ein Vergleich hinsichtlich der anfallenden Gebühren möglich.

Die Stiftung Warentest veröffentlichte im November 2017 die Ergebnisse einer Umfrage bei verschiedenen Banken. Diese erhoben teilweise Gebühren in Höhe von 100 bis 300 Euro pro Jahr für ein Jedermann-Konto. Nur ein Drittel der getesteten Banken verlangten weniger als 100 Euro pro Jahr. Laut den Banken sei dies durch den höheren Aufwand zu erklären. Die Stiftung Warentest geht jedoch davon aus, dass die hohen Gebühren für das Girokonto Kunden abschrecken sollen.

Bildnachweise:
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Meike Z.

Meike unterstützt das privatinsolvenz.net-Team seit 2016. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Themen, die das Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsrecht betreffen, leicht verständlich aufzubereiten.

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