Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren – Wichtiger Schritt bei der Privatinsolvenz

Von Meike Z.

Letzte Aktualisierung am: 3. April 2024

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Ein gerichtliches Insolvenzverfahren wird in der Regel durchlaufen, bevor das Insolvenzverfahren eröffnet wird.
Ein gerichtliches Insolvenzverfahren wird in der Regel durchlaufen, bevor das Insolvenzverfahren eröffnet wird.

Wenn eine Person hohe Schulden angehäuft hat und sie diese aus eigener Kraft nicht mehr abbauen kann, stellt die private Insolvenz einen Ausweg aus der finanziellen Notlage dar. Im Jahr 2018 meldeten laut Schuldenbarometer 2018 von CRIF BÜRGEL fast 89.000 Privatpersonen die Insolvenz an.

Prozentual gesehen kommt es in Bremen zu den meisten Privatinsolvenzen, die wenigsten in Bayern sowie Baden-Württemberg. Doch egal, wo die Insolvenz stattfindet, eines bleibt immer gleich: Das Verfahren folgt einem strengem Ablauf. Teil davon ist ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren.

Wichtiger Hinweis: Wer ab dem 1.10.2020 Privatinsolvenz beantragt, kommt schon nach drei Jahren in den Genuss der Restschuldbefreiung. Der Schuldner muss dafür nicht mehr die Verfahrenskosten und 35 Prozent seiner Schulden bezahlen. Es genügt, wenn er sich redlich verhält und seinen Obliegenheiten nachkommt.
Genauere Informationen zu dieser Gesetzesänderung, mit der EU-Recht in deutsches Recht umgesetzt wurde, finden Sie in unserem Ratgeber über die Restschuldbefreiung.

Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren kurz zusammengefasst

Wann wird ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchgeführt?

Hat ein Schuldner die Privatinsolvenz angemeldet, führt das Gericht einen Einigungsversuch mit den Gläubigern durch und legt ihnen einen Schuldenbereinigungsplan vor. Das geschieht, noch bevor das Insolvenzverfahren eröffnet wird.

Kommt es immer zu einem solchen Verfahren?

Das Gericht kann darauf verzichten, wenn es davon ausgeht, dass der Versuch scheitern wird.

Was passiert, wenn das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren erfolgreich ist?

In diesem Fall wird die Eröffnung der Privatinsolvenz abgewendet. Der Schuldner muss nur noch die im Plan festgelegten Zahlungen leisten.

Schritt für Schritt: So läuft die Privatinsolvenz ab

Ist ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren erfolgreich, entfallen Insolvenz und Restschuldbefreiung.
Ist ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren erfolgreich, entfallen Insolvenz und Restschuldbefreiung.

Die private Insolvenz ermöglicht es bestimmten Personengruppen, in einem gerichtlichen Verfahren von ihren Schulden befreit zu werden. Dafür sorgt die Restschuldbefreiung, welche in der Regel den Schlusspunkt der Privatinsolvenz darstellt. Die folgenden Personen dürfen diese Form der Insolvenz durchlaufen:

  • Personen, die nicht selbstständig sind oder es in der Vergangenheit nicht waren
  • Ehemals Selbstständige, gegen die keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen und die weniger als 20 Gläubiger haben

Die Privatinsolvenz setzt sich aus verschiedenen aufeinanderfolgenden Schritten zusammen, auch ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren gehört dazu. Zuvor müssen jedoch vorbereitend andere Phasen durchlaufen werden, die wir im Folgenden näher erläutern.

Bereits vor der Anmeldung müssen Schuldner tätig werden

Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren: Stimmen die Gläubiger zu, muss der Schuldner Zahlungen an diese leisten.
Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren: Stimmen die Gläubiger zu, muss der Schuldner Zahlungen an diese leisten.

Entgegen der landläufigen Meinung beginnt die Privatinsolvenz nicht mit deren Anmeldung. Noch bevor der Schuldner den Weg zum zuständigen Insolvenzgericht antritt, muss er einen wichtigen Schritt durchlaufen: den außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch.

Der Schuldner muss zunächst versuchen, sich ohne gerichtliche Unterstützung mit seinen Gläubigern auf einen Schuldenbereinigungsplan zu einigen. Er kann den Gläubigern unter anderem eine Ratenzahlung der Schulden anbieten. Lassen sich diese auf den Plan ein, ist ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren nicht nötig.

Erst wenn der Einigungsversuch gescheitert ist, darf der Schuldner einen Antrag auf Eröffnung der Privatinsolvenz stellen. Dazu muss er einen Nachweis, der von einer geeigneten Stelle ausgestellt wurde, beim Gericht vorlegen.

Als geeignete Stelle gelten unter anderem:

  • Anerkannte Schuldnerberatungsstellen
  • Anwälte
  • Steuerberater
  • Notare
  • Wirtschaftsprüfer

Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren: Bei Erfolg muss das Insolvenzverfahren nicht eröffnet werden

Laut § 309 InsO müssen nicht zwingend alle Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan zustimmen.
Laut § 309 InsO müssen nicht zwingend alle Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan zustimmen.

Nach dem Scheitern des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuchs darf der Schuldner also die Privatinsolvenz beim Insolvenzgericht anmelden. Danach startet das Verfahren jedoch noch nicht sofort.

Vielmehr wird nun zunächst ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchgeführt. Nun versucht also das Gericht selbst, einen Vergleich mit den Gläubigern zu erzielen. Häufig sind Gläubiger nämlich entgegenkommender, wenn sie direkt vom Insolvenzgericht angesprochen werden.

Das Gericht wird den Gläubigern einen Schuldenbereinigungsplan vorlegen, dem zu entnehmen ist, wie der Schuldner einen Teil seiner Schulden abbezahlen wird. Lassen sich die Gläubiger darauf ein, muss die Privatinsolvenz nicht eröffnet werden. Vielmehr erfolgt dann die Tilgung der Schulden gemäß den Vereinbarungen, die im Schuldenbereinigungsplan festgehalten wurden.

In gewissen Fällen kann jedoch davon abgesehen werden, ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchzuführen. Das ist der Fall, wenn das Gericht davon ausgeht, dass der Einigungsversuch nicht erfolgversprechend ist.

Was kommt nach dem gescheiterten gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren?

Ist ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren erfolglos verlaufen, kommt es schließlich zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dabei wird ein Insolvenzverwalter eingesetzt. Zu dessen Aufgaben gehört es, die Insolvenzmasse, also das Vermögen des Schuldners, zu verwerten. Dazu zählen unter anderem Barvermögen, Immobilien oder auch Rechte.

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt auch die in der Regel sechs Jahre lange Wohlverhaltensphase. In dieser Zeit ist der Schuldner unter anderem dazu verpflichtet, den pfändbaren Teil seines Einkommens an den Insolvenzverwalter abzutreten.

Ist der Schuldner während der Wohlverhaltensphase all seinen Pflichten nachgekommen, erfolgt zum Schluss die Restschuldbefreiung. Der Betroffene ist dann – mit Ausnahme von gewissen Schuldenarten – von seinen Schulden befreit und die Gläubiger können ihm gegenüber keine Forderungen mehr geltend machen.

Wie läuft ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren ab?

Ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren gibt den Gläubigern die Möglichkeit, sich innerhalb einer Frist zu äußern.
Ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren gibt den Gläubigern die Möglichkeit, sich innerhalb einer Frist zu äußern.

Ein gerichtliches Schuldenbereinigungs­verfahren wird also in der Regel durchlaufen, bevor es zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt.

Doch wie läuft dieser Schritt eigentlich genau ab? Das Insolvenzgericht legt den Gläubigern, wie bereits erwähnt, einen Schuldenbereinigungsplan vor. Zusätzlich erhalten sie noch mittels Vermögensübersicht einen Überblick über die Vermögenssituation des Schuldners.

Danach haben die Gläubiger einen Monat lang Zeit, um sich zum Schuldenbereinigungsplan zu äußern. Stimmen alle zu oder verzichten darauf, eine Stellungnahme abzugeben, so gilt der Plan als angenommen. Ein erfolgreiches gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren führt dann dazu, dass kein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Laut § 308 Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) gilt nämlich Folgendes:

Die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und auf Erteilung von Restschuldbefreiung gelten als zurückgenommen.

Der Schuldner muss daraufhin nur noch die Zahlungen leisten, die im Schuldenbereinigungsplan festgelegt wurden. Der große Vorteil, wenn ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren erfolgreich verläuft, liegt darin, dass keine Privatinsolvenz mehr nötig ist. Diese bringt nämlich immer auch Kosten mit sich, die der Schuldner selbst tragen muss.

Ist der Schuldner nicht dazu in der Lage, die bei der privaten Insolvenz entstehenden Kosten zu tragen, hat er die Möglichkeit, die Stundung der Verfahrenskosten zu beantragen. Er muss dann die Kosten – soweit ihm dies finanziell möglich ist – nach Erteilung der Restschuldbefreiung in Raten zurückzahlen.

Wann gilt der Schuldenbereinigungsplan als angenommen?

Laut § 309 InsO kann das Gericht die fehlende Zustimmung durch Gläubiger ersetzen.
Laut § 309 InsO kann das Gericht die fehlende Zustimmung durch Gläubiger ersetzen.

Wir haben bereits geklärt, dass ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren erfolgreich verläuft, wenn alle Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan zustimmen bzw. sich nicht negativ dazu äußern. Doch wie verhält es sich, wenn einige Gläubiger nicht zustimmen?

Die gute Nachricht für Schuldner lautet in diesem Fall: Das muss nicht zwingend bedeuten, dass ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren gescheitert ist. Es gilt nämlich der Grundsatz, dass der Einigungsversuch nicht scheitern darf, nur weil einige Gläubiger aus unvernünftigen Gründen gegen diesen stimmen.

Die gesetzliche Grundlage bildet § 309 InsO. Absatz 1 besagt Folgendes:

Hat dem Schuldenbereinigungsplan mehr als die Hälfte der benannten Gläubiger zugestimmt und beträgt die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche der benannten Gläubiger, so ersetzt das Insolvenzgericht auf Antrag eines Gläubigers oder des Schuldners die Einwendungen eines Gläubigers gegen den Schuldenbereinigungsplan durch eine Zustimmung.

In gewissen Fällen kann das Gericht also eine fehlende Zustimmung durch einige Gläubiger ersetzen, so dass ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren doch noch zugunsten des Schuldners endet und keine private Insolvenz nötig ist. Dabei muss jedoch gemäß § 309 InsO eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt werden:

  • Der Gläubiger, der mit dem Schuldenbereinigungsplan nicht einverstanden ist, muss angemessen beteiligt werden.
  • Der Gläubiger erhält durch den Schuldenbereinigungsplan wahrscheinlich nicht weniger Geld, als er im herkömmlichen Privatinsolvenzverfahren bekommen würde.

Bevor das Gericht seine Entscheidung fällt, muss es dem entsprechenden Gläubiger die Möglichkeit geben, sich zu äußern. Dort kann er dann angeben, warum er mit dem Plan nicht einverstanden ist. Sollte das Gericht entscheiden, dass es die fehlende Zustimmung ersetzt, so hat der Betroffene außerdem die Option, eine sofortige Beschwerde einzulegen.

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Meike Z.

Meike unterstützt das privatinsolvenz.net-Team seit 2016. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Themen, die das Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsrecht betreffen, leicht verständlich aufzubereiten.

One Reply to “Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren – Wichtiger Schritt bei der Privatinsolvenz”

  1. Rudert

    21. Januar 2020 um 21:00 Uhr

    was dann passiert, wenn das gerichtliche Schulenbereinigungverfahren angenommen war, der Schuldner 3 Jahre lang seine Schulden abgezahlt hatte ?
    Wer leitet die Schufa Löschung ein ?
    Udn können andere Unternehmen 8 Inkasso GmBh, die schon während des Schuldenbereiniungsplan , Geld verlangen und mit Schufa Einträgen drohen, weil angeblich dieser Schuldner der nun alles , gem. Schuldenbereinigungsplan , zurück gezahlt hatte, eine geforderte Summe, eines ihn vertretenden Gläübiger, –der meint diese Summe wäre im Schulenbereinigungsplan garnicht aufgeschlüsselt gewesen, –nun von dem Freien Schulder, per Gericht Geld einklagen will ??

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