Gläubigerschutz – wie Gesetze die Interessen der Gläubiger wahren

Von Franziska L.

Letzte Aktualisierung am: 7. April 2024

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Was ist Gläubigerschutz?
Was ist Gläubigerschutz?

Im täglichen Geschäftsverkehr kollidieren oft unterschiedlichste Interessen miteinander, beispielsweise die von Schuldner und Gläubiger. Verschiedene Gesetze schützen den Schuldner vor einer allzu extremen Inanspruchnahme durch seine Gläubiger, z. B. durch den Verbraucherschutz oder den Pfändungsschutz bei einer Zwangsvollstreckung. Und auch im Insolvenzverfahren wahren zahlreiche Regelungen seine Interessen.

Umgekehrt hat auch der Gläubiger ein berechtigtes Interesse daran, dass seine Forderung beglichen wird. Ist der Schuldner aufgrund seiner Insolvenz dazu nicht in der Lage, drohen dem Gläubiger aufgrund des Zahlungsausfalls Einbußen, die seine wirtschaftliche Existenz gefährden können. Um dies weitestgehend zu vermeiden, hat der Gesetzgeber verschiedene Regelungen erlassen, die unter dem Begriff Gläubigerschutz zusammengefasst werden.

Gläubigerschutz kurz zusammengefasst

Was bedeutet Gläubigerschutz?

Der Gläubigerschutz ist darauf gerichtet, Gläubiger vor einem Zahlungsausfall zu bewahren und das Insolvenzrisiko auf Seiten des Schuldners zu minimieren.

Wo ist der Gläubigerschutz gesetzlich geregelt?

Die entsprechenden Regelungen zum Schutz der Gläubiger sind z. B. im Bürgerlichen Gesetzbuch, dem Handelsgesetzbuch, der Insolvenzordnung und dem Strafgesetzbuch zu finden.

Werden auch Schuldner gesetzlich geschützt?

Ja, Schuldner bedürfen des Schutzes vor einer übermäßigen Inanspruchnahme durch ihre Gläubiger. Ihnen soll trotz Schuldenabbau zumindest ein Existenzminimum verbleiben.

Gläubigerschutz einfach erklärt

Der Gläubigerschutz beinhaltet laut Definition all jene Regelungen, welche die Interessen des Gläubigers wahren und ihn insbesondere vor einem Forderungsausfall schützen sollen. Je nach Art des Rechtsgeschäfts ergeben sich verschiedene Gefahren für den Gläubiger.

Gläubigerschutzprinzip im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

Gläubigerschutz umfasst laut Definition sämtliche Vorschriften, welche einen Gläubiger direkt oder indirekt vor einem Forderungsausfall schützen sollen.
Gläubigerschutz umfasst laut Definition sämtliche Vorschriften, welche einen Gläubiger direkt oder indirekt vor einem Forderungsausfall schützen sollen.

Das BGB enthält verschiedene Regelungen zum Gläubigerschutz. Die allgemeinste Ausprägung ist der Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB, wonach sich Schuldner redlich zu verhalten haben. Hierzu gehört, dass sie Verbindlichkeiten nur dann eingehen, wenn sie wissen, dass sie diese auch erfüllen können.

Auch die verschiedenen im BGB geregelten Sicherheiten wie die Bürgschaft und die Hypothek dienen dem Gläubigerschutz. Während bei der Bürgschaft der Bürge als weiterer Schuldner neben den eigentlichen Schuldner tritt, wird bei einer Hypothek eine Immobilie des Schuldners zugunsten des Gläubigers belastet. Beide Rechtsinstitute verschaffen dem Gläubiger eine Art Ersatzbefriedigung für den Fall, dass der Schuldner nicht (vollständig) zahlt. Die Hypothek begründet überdies ein Absonderungsrecht des Gläubigers im Insolvenzverfahren.

Je nach Vertragsart kommen weitere Regelungen zum Schutz des Gläubigers hinzu, wie beispielsweise das Vermieterpfandrecht im Mietrecht. Gemäß §§ 562 ff. BGB besitzt der Vermieter ein Pfandrecht an allen Gegenstände, die der Mieter in die Mieträume bringt.

Im Kaufrecht spielt der Eigentumsvorbehalt für den Gläubigerschutz eine besondere Rolle. Dieser bewirkt, dass der Verkäufer solange Eigentümer der Ware bleibt, bis der Käufer den vollständigen Kaufpreis bezahlt hat. Bleibt die Zahlung aus oder veräußert der Käufer die Sache unberechtigterweise weiter, kann der Verkäufer die Herausgabe seines Eigentums verlangen.

Im Falle einer Insolvenz steht dem Vorbehaltsverkäufer als privilegierten Gläubiger ein Aussonderungsrecht zu.

Informationsrisiko & Gläubigerschutz im Handelsgesetzbuch

Das Gläubigerschutzprinzip ist ein wichtiger Grundsatz im Handelsrecht.
Das Gläubigerschutzprinzip ist ein wichtiger Grundsatz im Handelsrecht.

Bevor ein Unternehmer ein bestimmtes Rechtsgeschäft eingeht, möchte er vor allem wissen, wie es um die Bonität des potentiellen Kunden bestellt ist. Das gilt z. B. Banken, die einem Geschäftskunden einen sehr hohen Kredit gewähren, aber auch für Dienstleister, die in Vorleistung gehen und erst im Anschluss ihre Vergütung erhalten.

Diesem Risiko tritt z. B. der Gläubigerschutz im HGB entgegen. Das Handelsgesetzbuch verpflichtet Gesellschaften bzw. Unternehmen, ordentliche, wahrheitsgemäße Bilanzen zu erstellen, die die Gläubiger über sämtliche Geschäftsrisiken aufklären.

Darüber hinaus können sich Gläubiger im Vorfeld über mögliche Geschäftspartner informieren und z.B. Auskünfte bei der SCHUFA oder anderen Wirtschaftsauskunfteien einholen.

Risiko der Zahlungsunfähigkeit (Ausfall- bzw. Insolvenzrisiko)

Auch wenn ein Gläubiger über alle relevanten Informationen verfügt, kann sich die wirtschaftliche Situation seines Schuldners dennoch so weit verschlechtern, dass dieser nicht mehr in Lage ist, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen. Für diesen Fall sind verschiedene Regelungen zum Gläubigerschutz im Insolvenzrecht verankert, die wir im Folgenden noch näher beleuchten werden.

Auch das Strafrecht enthält einige Normen zum Gläubigerschutz. Hierunter fallen insbesondere die Insolvenzstraftaten. Sie stellen bestimmte Handlungen unter Strafe, die zum Nachteil der Gläubiger gereichen, beispielsweise die Insolvenzverschleppung oder den vorsätzlichen Bankrott.

Wie funktioniert der Gläubigerschutz bei einer Insolvenz des Schuldners?

Der Gläubigerschutz im Insolvenzrecht beinhaltet u. a. Maßnahmen zur Sicherung der Insolvenzmasse.
Der Gläubigerschutz im Insolvenzrecht beinhaltet u. a. Maßnahmen zur Sicherung der Insolvenzmasse.

Zahlungsunfähige bzw. überschuldete Verbraucher und Unternehmen können die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen. Ab Insolvenzeröffnung dürfen die Gläubiger keine Zwangsvollstreckung mehr betreiben. Sie können ihre Forderungen nur noch im Insolvenzverfahren geltend machen. Doch meistens reicht das Schuldnervermögen, die sogenannte Insolvenzmasse, nicht aus, um die Ansprüche aller Gläubiger vollständig zu begleichen. Folglich besteht immer das Risiko eines teilweisen oder gar vollständigen Zahlungsausfalls.

Hinzu kommt, dass der eine oder andere Schuldner versuchen wird, bestimmte Vermögenswerte zu retten und der Insolvenzmasse zu entziehen – nicht immer mit redlichen Mitteln. Der Gläubigerschutz im Insolvenzverfahren zielt also zuerst einmal auf die Sicherung der Insolvenzmasse. Hierfür kann das Insolvenzgericht verschiedene Maßnahmen ergreifen wie beispielsweise:

  • Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters
  • gegebenenfalls Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots zulasten des Schuldners
  • Anordnung, dass Verfügung des Schuldners der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters bedürfen
  • einstweilige Einstellung bzw. Untersagung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen während des Eröffnungsverfahrens
  • vorläufige Postsperre

Außerdem bestimmt die Insolvenzordnung verschiedene Pflichten bzw. Obliegenheiten des Schuldners, die ebenfalls dem Gläubigerschutz dienen. Kommt der Schuldner diesen Pflichten nicht nach, können die Insolvenzgläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung beantragen. So ist der Schuldner während der Privatinsolvenz insbesondere angehalten, …

  • eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben oder sich eine entsprechende Arbeit zu suchen,
  • stets vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen zu machen, z. B. bei einer Erbschaft und
  • den pfändbaren Einkommensanteil an den Insolvenzverwalter abzugeben
  • nur an den Insolvenzverwalter zu zahlen und nicht an einzelne Insolvenzgläubiger.

Eine andere Bedeutung von Gläubigerschutz

Die Gläubigerschutzvereinigung Deutschland vertritt Interessen der Gläubiger während der Insolvenz.
Die Gläubigerschutzvereinigung Deutschland vertritt Interessen der Gläubiger während der Insolvenz.

Der Gesetzgeber bezweckt mit der Insolvenzordnung einen Interessenausgleich. Während die Gläubiger (ihrer Rangfolge entsprechend) gleichmäßig befriedigt werden sollen, schützt dieses Gesetz die Schuldner vor einer übermäßigen Belastung und stellt ihnen außerdem die Restschuldbefreiung in Aussicht, wenn sie sich während des gesamten Verfahrens redlich verhalten.

In diesem Sinne bedeutet Gläubigerschutz eher den Schutz des insolventen Schuldners vor seinen Gläubigern. Diesen ist es beispielsweise untersagt, während des Insolvenzverfahrens die Zwangsvollstreckung zu betreiben.

Eine Ausnahme besteht lediglich für Unterhaltsansprüche und Forderungen, die auf einer unerlaubten Handlung beruhen. Deren Gläubiger dürfen in den Teil der Bezüge des Schuldners vollstrecken, „der für andere Gläubiger nicht pfändbar ist“ (§ 89 Abs. 1 und 2 InsO).

Insolventen Unternehmen schützen ebenfalls verschiedene juristische Schutzmechanismen zur Verfügung, um sich zu sanieren. Sie können ihren Betrieb im Schutzschirmverfahren oder per Planinsolvenz mit Gläubigerschutz retten.

Das deutsche Insolvenzrecht kennt kein Gläubigerschutzverfahren. Anders sieht es im schweizerischen Recht aus, wonach ein Kaufmann Gläubigerschutz beantragen kann, um einer Insolvenz zu entgehen.

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Franziska L.

Franziska studierte Rechtswissenschaften. Seit 2017 gibt sie als Redaktionsmitglied von privatinsolvenz.net Tipps zu den Themen Schulden und Geldsparen. Ihr besonderes Anliegen ist es, juristische Fragen zur Insolvenz und Zwangsvollstreckung in ihren Texten möglichst einfach zu beantworten.

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